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Weihnachtsschau mit Blick auf Abstraktes

Bis zum l. Januar beherbergt das Seiffener Kunstkontor seine Weihnachtsausstellung. Als Blickfang dient eine Orgel für Nichtorganisten.

SEIFFEN – Fragende und staunende Blicke haben sich am Samstag im Seiffener Kunstkontor vor allen Dingen auf Jörn Michaels Konstruktion mitten im ersten der beiden Ausstellungsräume gerichtet. Dass diese ein Teil der Weihnachtsausstellung sein soll, konnten viele Besucher der Vernissage zuerst nicht nachvollziehen. Denn der Annaberger hat eine Orgel für Nichtorganisten gebaut. Zu sehen ist die Schau bis 1. Januar. Vier Kerzen und sieben Orgelpfeifen werden bei dem Instrument von einer Stahlkonstruktion gehalten. Nach unten hin verlaufen Plastikschläuche zu sieben Blasebälgen, die per Fuß oder kniend mit der Hand zu betätigen sind. Neben diesen kleinen gelben und orangefarbenen Luftspendern liegen lange laminierte Zettel. Darauf steht der Text des bekannten Weihnachtsliedes nach Psalm 24 »Macht hoch die Tür« mit roten Punkten auf verschiedenen Silben. Damit ist gleichzeitig der Titel der diesjährigen Weihnachtsausstellung verraten: »Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch!« Die Melodie des Liedes können Nichtorganisten dieser Orgel entlocken, indem sie, geleitet von den roten Punkten, die Blasebälge in der richtigen Reihenfolge betätigen. Erste Versuche bei der Ausstellungseröffnung erinnerten jedoch ein wenig an den buchstäblichen Katzenjammer. Erst mehrere Wiederholungen brachten Schwung ins Spiel der Besucher. Schon im vergangenen Jahr wollte Jöm Michael etwas Besonderes für die Weihnachtsausstellung im Kunstkontor fabrizieren. Dieses Jahr kam ihm das von den Inhabern Carsten Bilz und Carsten Lein gewählte Thema sehr entgegen. »Was passt denn besser dazu als die Melodie des Weihnachtsliedes«, sagte er am Rande der Vernissage. Die Orgelpfeifen stammen aus dem restaurierten Instrument der Sehmaer Kirche. Diese rettete der Annaberger Künstler so vor dem Verschrotten.

Jörn Michael ist im Kunstkontor nur einer von insgesamt 13 Ausstellern aus dem Erzgebirge und aus Dresden. Sie präsentieren in Seiffen eine Vielzahl von Techniken und Mischformen. Figürliche Darstellungen, ein Relief von Paul Brockhage, auch einige Engel sind in verschiedenen Varianten zu sehen. Jedoch erinnert nichts in der Ausstellung an traditionelle Weihnachtsfiguren. Dafür richtet sich der Blick auf Abstraktes. »Wir wollen damit zeigen, dass das Thema Weihnachten sehr weit gefächert realisiert werden kann und so den Horizont unserer Besucher auf eine außergewöhnliche Art erweitem«, sagte Carsten Bilz. Die Aussteller sind Gabriela Schlenz (Tannenberg), Horst-Markus Steinmeyer (Voigtsdorf), Bernd Fenk (Dorfwehlen), Günther Bartel (Schönfeld/ Osterzgebirge), Mario Nitschke (Bärenstein), Paul Brockhage (Schwarzenberg), Anita Voigt Hertrampf (Dresden), Klaus Hirsch (Lugau), Cornelia Zabinski (Niederwiesa), Carsten Gille (Frauenstein), Gudrun Trendafilov (Dresden), Jörn Michael (Annaberg) sowie Lichtblau (Niederwiesa).

Jan Görner
Freie Presse
vom 17.11.2011